Deutschland – Verbot von Preisvergleichsmaschinen und Werbung auf Plattformen Dritter

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Laut der EU-Untersuchung des E-Commerce-Sektors liefern über 50 % der Internet-Marktplätze und 36 % der Einzelhändler Daten an Preissuchmaschinen wie Idealo, Google Shopping oder Shopzilla. Demgegenüber unterliegen rund 10 % der Händler einem Verbot von Preisvergleichsmaschinen (siehe Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen SWD(2017) 154 final, S. 32 Abbildung B. 4 und S. 37 Europäische Kommission, Final report on the E-commerce Sector Inquiry, S. 10).

Allerdings hat der Bundesgerichtshof kürzlich ein Verbot von Preisvergleichsmaschinen als wettbewerbswidrig und nichtig bestätigt. Im konkreten Fall hatte Asics Einzelhändlern in Deutschland generell untersagt, Preissuchmaschinen im Online-Vertrieb zu unterstützen:

„Darüber hinaus darf der Vertragshändler nicht … die Funktionalität von Preisvergleichsmaschinen unterstützen, indem er anwendungsspezifische Schnittstellen („APIs“) für diese Preisvergleichsmaschinen bereitstellt.“

Darüber hinaus enthielt die Vereinbarung ein umfassendes Verbot der Werbung auf Plattformen Dritter: Asics untersagte seinen Vertragshändlern, Dritten zu gestatten, die Marken von Asics in irgendeiner Form auf der Website des Dritten zu verwenden, um Kunden auf die Website des Asics-Vertragshändlers zu leiten.

Die Vertriebsvereinbarung von Asics wurde vom Bundeskartellamt zunächst als Pilotverfahren untersucht (ein weiteres Pilotverfahren wurde gegen Adidas eingeleitet, weil sich viele Sporthändler über die Internet-Weiterverkaufsbeschränkungen der Sportartikelhersteller beschwerten). Im Jahr 2015 entschied das Bundeskartellamt, dass das Verbot von Preisvergleichsmaschinen durch Asics kartellrechtswidrig sei, da es gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, § 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verstoße.. Begründet wurde dies damit, dass ein solches Verbot in erster Linie darauf abziele, den Preiswettbewerb auf Kosten der Verbraucher zu kontrollieren und einzuschränken. Diese Entscheidung wurde zunächst vom Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt (Beschluss vom 5. April 2017, Az. VI-Kart 13/15 (V), siehe den Legalmondo-Artikel hier).

Nun wurde die Entscheidung vom Bundesgerichtshof bestätigt (Beschluss vom 12. Dezember 2017, Az. KVZ 41/17). Das Asics-Urteil ist besonders bemerkenswert, weil es das erste deutsche Gerichtsurteil nach dem Coty-Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Plattformverboten ist (siehe den Legalmondo-Artikel hier). Es ist daher ein erster Hinweis darauf, wie die Gerichte in Zukunft mit Wiederverkaufsbeschränkungen im Internet umgehen werden.

So stellt der BGH fest, dass das generelle Verbot von Preissuchmaschinen „zumindest“ den passiven Verkauf an Endverbraucher einschränke (Rn. 23, 25) – eine solche Einschränkung sei sogar der beabsichtigte Zweck eines solchen Verbots. Die Zulässigkeit allgemeiner Plattformverbote nach dem Coty-Urteil (siehe hier) impliziere nicht die Zulässigkeit allgemeiner Preisvergleichsverbote (Rn. 28 ff.), so das Gericht. Insbesondere die „Kombination von Beschränkungen“ – d.h. Verbot von Preisvergleichsmaschinen und Werbung auf Drittplattformen – würde den Unterschied ausmachen. Denn sie gewährleiste nicht, dass Interessenten einen „praktisch substanziellen Zugang“ zur Händler-Website erhielten (Rz. 30) – wobei der BGH offen lässt, was für einen solchen „substanziellen Zugang“ ausreicht oder erforderlich ist; in diesem Fall könnten allgemeine Preisvergleichsmaschinenverbote weiterhin zulässig sein.

Praktische Tipps:

  1. Auf EU-Ebene haben weder der Gerichtshof noch die Europäische Kommission zur Gültigkeit von generellen Verboten von Preisvergleichsmaschinen Stellung genommen. Im Vereinigten Königreich hingegen sieht die Competition and Markets Authority die Verbote von Preissuchmaschinen ähnlich kritisch („BMW changes policy on car comparison sites following CMA action„) wie die deutsche Verwaltungspraxis und Rechtsprechung.
  2. In der Praxis dürfte damit nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die folgende Differenzierung gelten, die bereits das Oberlandesgericht Düsseldorf (Asics) und das Oberlandesgericht Frankfurt (Deuter) angedeutet haben:
  • Generelle Verbote von Preisvergleichsmaschinen sind – so der Bundesgerichtshof – wettbewerbswidrig und daher grundsätzlich nichtig – sie können aber dennoch zulässig sein, wenn sie nicht mit einem weitreichenden Werbeverbot verbunden sind, so dass Interessenten der Zugang zur Händler-Website gewährleistet ist.
  • Einzelne Preisvergleichsmaschinenverbote und andere mildere Beschränkungen / Kriterien für die Nutzung von Preisvergleichsportalen sind zulässig, etwa hinsichtlich der Produktabbildungen oder -beschreibungen und des Produktumfelds (etwa die Vorgabe, dass Händler nur neue Produkte anbieten dürfen).

Weitere Einzelheiten: Rohrßen, Internetvertrieb: „Nicht Ideal(o)“ – Kombination aus Preissuchmaschinen-Verbot und Logo-Klausel, in: ZVertriebsR 2018, 118 ff.

  1. Darüber hinaus können Hersteller – innerhalb eines Alleinvertriebsnetzes – ihren Händlern aktive Online-Werbung gegenüber Kunden, die dem Hersteller vorbehalten sind oder die der Hersteller einem anderen Händler zugewiesen hat, untersagen und die jeweils zu verwendenden Sprachen festlegen. Grundsätzlich sind auch alle anderen denkbaren Qualitätskriterien zulässig, sofern sie den Kriterien für den Offline-Vertrieb gleichwertig sind (denn „die Kommission betrachtet alle Verpflichtungen, die Vertragshändler davon abhalten, das Internet zu nutzen, um eine größere Anzahl und Vielfalt von Kunden zu erreichen, indem sie Kriterien für den Online-Verkauf aufstellen, die nicht insgesamt den Kriterien für den Verkauf im Ladengeschäft gleichwertig sind, als Kernbeschränkung„, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, Rn. 56).

Weitere Informationen finden Sie unter:

  • Überblick über den aktuellen Stand der Praxis inklusive Mustervertragsklauseln: Rohrßen, Vertriebsvorgaben im E-Commerce 2018: Praxisübersichten und Folgen des „Coty“-Urteils des EuGH, in: GRUR-Prax 2018, 39-41 sowie;
  • insbesondere zu Plattformverboten und der möglichen Ausgestaltung von Vertriebsverträgen: Rohrßen, Internetvertrieb von Markenartikeln: Zulässigkeit von Plattformverboten nach dem EuGH-Urteil Coty – Auswirkungen auf Fachhändler- bzw. Selektiv-, Exklusiv-, Franchise- und offene Vertriebsverträge -, in: DB 2018. 300-306.
  1. Zur Zulässigkeit der Verwendung von Marken und Firmenlogos innerhalb einer in eine Internet-Verkaufsplattform eingebetteten Suchfunktion siehe die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs zu seinen beiden ganz aktuellen Entscheidungen vom 15.02.2018 (Az. I ZR 138/16 zu „Ortlieb“ und Az. I ZR 201/16 zu „gofit„).
Benedikt Rohrssen
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